Der zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmus – Gründe für eine Störung und was Sie tun können
Informationen aus der Naturheilpraxis von René Gräbe
Jeder Mensch hat eine innere Uhr, die unseren 24-Stunden-Rhythmus vorgibt. Der biologische Takt-Geber würde aber vor- oder nachgehen, wenn er nicht durch äußere Reize synchronisiert wird. Die wichtigsten Signale für die innere Uhr sind Licht und die Essenszeiten.
Wenn Sie nicht richtig schlafen können, ist ein regelmäßiger Lebens-Rhythmus wichtig. Ihre Augen müssen genug Licht „in Phase“ wahrnehmen, um Ihre innere Uhr zu regulieren.
Warum ist das so?
Unsere innere Uhr funktioniert sozusagen wie eine Funkuhr. Die hat zwar ein Uhrwerk, das im 24-Stunden-Rhythmus tickert, doch hundertprozentig genau läuft sie keineswegs. Das macht aber nichts, denn die Uhr bekommt ja ein Signal von einem Langwellensender, der das Quarzwerk wieder in den richtigen Takt bringt.
Was das Radio-Signal für die Funkuhr, ist das Tageslicht für die biologische Zeitsteuerung. Die Lichtreize gehen von der Netzhaut ins Gehirn, wo sie auch im SCN (Spuprachiasmatischer Nucleus, Nucleus suprachiasmaticus) im Hypothalamus registriert werden. Dieses Gehirn-Areal liegt im unteren Teil des Gehirns und etwa oberhalb der sich dort kreuzenden Sehnerven (Chiasma opticum). Das ist der Sitz der zentralen inneren Uhr, die auch die Melatonin-Ausschüttung reguliert. Wenn es dunkel wird, kurbelt unsere innere Rhythmus-Steuerung die Produktion des Schlaf-Hormons an und wir werden müde, sodass wir gut schlafen können.
Um eine erholsame Nachtruhe zu gewährleisten, sollten wir ab 18 oder 19 Uhr das Licht herunterdimmen. Wenn wir im Sommer draußen sind, können wir schon mal ein schattiges Plätzchen aufsuchen. Die innere Uhr reagiert nämlich nur auf hohe Licht-Intensitäten, wobei die Wellenlänge (Farbe) keine Rolle zu spielen scheint. Auch ein leicht heruntergedrehter PC-Bildschirm kann besseres Ein- und Durchschlafen unterstützen.
Am späten Nachmittag darf die Lichteinstrahlung ruhig etwas stärker sein. Das hilft unserer inneren Uhr, den richtigen Schlaf-Wach-Rhythmus einzustellen.
Helles Licht früh morgens kann den internen Zeitgeber ebenfalls stimulieren. Schalten Sie grelle Beleuchtung eine halbe oder eine Stunde nach dem Aufwachen ein oder gehen Sie sommertags nach draußen.
Nachtarbeit ist problematisch
Wer nachts arbeitet, muss tagsüber schlafen. Das ist aber gar nicht so einfach, denn die innere Uhr will es anders. Das übliche und gesunde Schlafbedürfnis von acht Stunden kann nur schwer gestillt werden.
Am Arbeitsplatz sollte dann sehr helles Licht vorherrschen, das die Sonneneinstrahlung imitiert. Doch die meisten künstlichen Leuchtquellen strahlen trotz unseres subjektiven Eindrucks nicht mit ähnlicher Intensität wie unser Zentral-Gestirn.
Wichtig ist es, nach einer Nachtschicht das Schlafzimmer komplett abzudunkeln. Schon die kleinsten Leuchten wie in Weckern und Handys könnten die ohnehin schon irritierte innere Uhr stören. Das dunkelste Schwarz ist fürs Schlafen am besten, das gilt übrigens generell. Studien belegen, dass Lichteinwirkung während des Schlafens psychiatrischen Erkrankungen Vorschub leisten. Dazu gehören Depressionen, Angststörungen und Psychosen. Wer nachts zu viel Licht abbekommt, erhöht auch sein Risiko für Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes und Brust- sowie Schilddrüsenkrebs. Das hat eine wissenschaftliche Untersuchung herausgefunden.
Viele nachts tätige Menschen klagen zunächst über Magen-Darm-Beschwerden. Nicht selten kommt es auch zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zudem beeinträchtigt ein jahrelanger Schichtdienst die sozialen Kontakte. Familie und Freunde kommen oft zu kurz. Für Freizeitaktivitäten bleibt kaum Zeit. Obwohl der Wechsel an einen Arbeitsplatz mit regelmäßigen Arbeitszeiten oft die beste Lösung wäre, um auf Dauer nicht zu erkranken, ist das leider nicht immer möglich.
Geregelte Mahlzeiten einhalten
Um die innere Uhr zum richtigen Tages-Rhythmus zu erziehen, sind regelmäßige Mahlzeiten ebenfalls geeignet. Frühstück, Mittagessen und Abendbrot nehmen Sie am besten immer zur gleichen Zeit ein. Essen vor dem Sonnenauf- und nach dem Sonnenuntergang ist nicht empfehlenswert. Überhaupt sollten Sie 3 Stunden vor dem Zubettgehen keine Nahrung mehr aufnehmen.
Warum soll man das machen?
Die innere Uhr besteht nicht nur aus der zentralen Komponente im SCN. Diese Steuerungs-Einheit arbeitet mit Nebenstellen zusammen, die Wissenschaftler „periphere Oszillatoren“ nennen. Fast alle Organe haben solche Taktgeber, die in der Muskulatur, den Lungen und dem Herzen liegen. Forscher haben festgestellt, dass 80 % der Gene für die Leber-Funktion nach dem 24-Stunden-Rhythmus arbeiten. Der periphere Oszillator der Leber reguliert die Insulin-Ausschüttung, die Produktion der Verdauungs-Enzyme, die Cholesterin-Synthese, die Entgiftungs-Funktion und die Nierentätigkeit. Die innere Uhr des Herzens steuert den Herzschlag und den Blutdruck. Das Immunsystem und die Magenentleerung folgen der zirkadianen Rhythmik ebenfalls.
In Studien ergab sich, dass ein experimentell zeitverzögert herbeigeführtes Essen den zirkadianen Rhythmus des Glucose-Spiegels beeinflusst. Eine weitere Untersuchung zeigt, wie der Fettstoffwechsel und die Essenszeit zusammenhängen: Ein Zeitplan, der 5 Stunden „hinterherhinkt“ führt zu höheren Triglycerid- und höheren LDL-Cholesterin-Werten im Vergleich zum „Frühessen“.
Die landläufige Meinung, das Frühstück sei die wichtigste Mahlzeit des Tages, kann die Chronobiologie bestätigen. Ein echtes Früh-Stück kann eine zu hohe Cortisol-Produktion verhindern, die bei morgendlichem Hungern eintritt. Das Stoffwechsel-Hormon im Überfluss hat mehrere gesundheitlich riskante Folgen: Die Leber setzt Glucose aus der Leberstärke frei und entzündliche Prozesse mit all ihren Zellschäden kommen in Gang.
Störungen des Schlaf-Rhythmus’
Der Schlaf-Wach-Rhythmus kann durch den Lebensstil oder kurzzeitige Ereignisse aus dem Gleichgewicht geraten. Wechselschichten, Flugreisen und unregelmäßige Mahlzeiten beeinflussen unser Schafverhalten mehr, als wir vielleicht glauben. Gerät beispielsweise bei jüngeren Menschen die innere Uhr aus dem Takt, reagiert der Körper mit Antriebslosigkeit und mit teilweise starken Kopfschmerzen.
Ein Beispiel für das Verstellen der inneren Uhr ist auch die jährliche Umstellung von Winter- auf Sommerzeit. Auf diese kleine Verschiebung stellen sich die meisten Menschen problemlos ein. Doch einige Zeitgenossen haben damit erhebliche Schwierigkeiten. Unangenehm können auch die Folgen einer plötzlich erlebten Zeitverschiebung sein:
Der Jet-Lag
Der Jet-Lag resultiert aus einer Abweichung vom inneren Zeitempfinden zur tatsächlichen Zeit. Es setzt immer dann ein, wenn eine Zeitzone verlassen wird und der Reisende in einer anderen landet, oder gar mehrere Zeitzonen durchläuft.
Bei geplanten Flugreisen ist es sinnvoll, sich schon ein paar Tage vorher auf den Rhythmus des Reiseziels umzustellen. Das heißt: früher oder später als zu Hause ins Bett gehen oder aufstehen. Beim Einrichten solcher Zeitpläne orientieren Sie sich an der Zeitschiebung des Flugzieles.
Fernreisen haben meistens einen Jet-Lag zur Folge. Wie massiv es vorübergehend ausbricht, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Die Symptome reichen von Einschlaf- und Durchschlafstörungen über eine verstärkte Tagesschläfrigkeit bis hin zur reduzierten Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus können sich auch Konzentrationsprobleme, ein allgemeines Unwohlsein und Probleme mit Magen und Darm einstellen. Des Weiteren leiden die Betroffenen oft auch unter Appetitstörungen. Ein Jet-Lag dauert meist nur einige Tage an.
Es kommt auch auf den Typ an
Tatsächlich gibt es genetische Variationen der inneren Uhr. Die Schlafforschung unterscheidet zwischen Eulen und Lerchen. Nachteulen sind Menschen, die morgens nur schwer aus den Federn kommen und dafür abends länger aktiv sind. Die meisten Europäer glauben, diesem Typ zu entsprechen. Muss man seinen Rhythmus umstellen, so kann man das durch die Verwendung von Kunstlicht (Lichttherapie) unterstützen.
Das verzögerte Schlafphasen-Syndrom
Diese Form der Rhythmus-Störung liegt häufig bei Menschen zugrunde, die als sogenannte Abendmenschen bezeichnet werden. Sie haben Probleme, zu einer normalen Zeit einzuschlafen. Je später der Abend, desto wacher fühlen sie sich. Bis weit in die Nacht sind diese Menschen dann aktiv. Als Folge haben sie ein massives Problem, zur normalen Aufstehzeit zwischen 7 und 8 Uhr morgens aufzuwachen. Sie benötigen eine sehr lange Anlaufphase. Über den Tag kommt es nicht selten zu Konzentrationsstörungen.
Oftmals fängt das verzögerte Schlafphasen-Syndrom bereits in der Jugend an. Gerade junge Menschen gehen häufig spät zu Bett und stehen morgens später auf. Irgendwann, wenn der berufliche Alltag einkehrt und von den Betroffenen normale Schlaf-Wach-Zeiten einfordert, tauchen dann Probleme auf.
Zu den Therapiemaßnahmen gehört die sogenannte Chronotherapie, bei der täglich eine 3-stündige Verschiebung des Schlaf-Wach-Rhythmus nach rechts auf der 24-h-Skala erfolgt. Das heißt, der Betroffene muss täglich drei Stunden länger wach bleiben. Irgendwann ist dann der normale Einschlaf- und Zubettgehzeitpunkt erreicht. Unterstützend wirkt hier eine Lichttherapie. Des Weiteren hat der Betroffene sich konsequent an eine sogenannte Schlafhygiene zu halten.
Hier werden Zubettgeh- und Aufstehzeit minutiös festgelegt, und sind unbedingt einzuhalten. Eine Schlafrestriktion, bei der die im Bett verbrachte Zeit verkürzt wird, soll zudem den Schlafdruck maximieren und zur Stabilisierung des neuen Schlafrhythmus beitragen. Eine unterstützende Medikamentengabe erfolgt zumeist in Form von Stimulanzien, Melatonin oder Hypnotika.
Das vorverlagerte Schlafphasen-Syndrom
Das vorverlagerte Schlafphasen-Syndrom ist, vereinfacht ausgedrückt, der Umkehrfall zum verzögerten Schlafphasensyndrom. Die Zubettgehzeiten der Betroffenen sind, gegenüber den normalen, zu früh, sodass sie dementsprechend auch viel zu früh des Morgens aufwachen.
Nicht selten wissen diese Menschen mit dem Abend nichts mehr anzufangen, gehen demzufolge bereits um 20 Uhr zu Bett und erwachen nicht selten nachts um 3 Uhr. Besonders häufig tritt diese Störung bei älteren Menschen auf. Sie gehen oft einfach aus Langeweile früh zu Bett und wachen dann viel zu früh auf. Die Therapie gestaltet sich ähnlich der des verzögerten Schlafsyndroms. Auch hier handelt es sich um eine Kombination aus Chronotherapie, Schlafhygiene und abendlicher Lichttherapie.
Die Schlaf-Wach-Störung durch verschobenen 24-Stunden-Rhythmus
Betroffene leben nicht nach einem 24-Stunden-Rhythmus. Ihr täglicher Rhythmus übersteigt 24 Stunden. Somit sind Einschlaf- und Aufwachzeit täglich circa um 1 bis 2 Stunden verschoben. Diese Menschen leben in erster Linie nach der inneren Uhr.
Äußere Zeitgeber haben keinen Einfluss auf die Betroffenen. Sehr häufig ist diese Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus bei Blinden anzutreffen. Ihnen fehlt das Tageslicht, das maßgeblich den Rhythmus bestimmt und ein wichtiger äußerer Zeitgeber ist.
Therapiert wird diese Störung hauptsächlich, indem eine Stabilisierung des Schlaf-Wach-Rhythmus angestrebt wird, und zwar zu dem Zeitpunkt, wenn die Zeit des Einschlafens in einer erwünschten und normalen Abendzeit liegt. Klare Zeitgeber müssen Signale setzen und konsequente Verhaltensmaßnahmen erfolgen. Wecker, morgendliche Lichttherapie, Gymnastik sind einige Helfer. Die Therapie wird meistens medikamentös unterstützt (Vitamin B12, Melatonin, Hypnotika)
Das unregelmässige Schlaf-Wach-Muster
Wie die Bezeichnung bereits sagt, gestaltet sich diese Schlaf-Wach-Rhythmus-Störung nach einem gänzlich unvorhersehbaren Muster. Mehrere Schlaf- und Wachphasen wechseln sich über 24 Stunden hinweg ab. Oftmals sind es Demenzkranke, die unter dieser Schlafstörung leiden. Auch andere hirnorganische Veränderungen führen zu Störungen der “inneren Uhr“.
Vereinzelt gibt es aber auch Fälle, die vom Kindesalter an einem gestörten Rhythmus leiden. Hier ist von einer angeborenen Fehlfunktion auszugehen. Therapiert wird über die Einhaltung klarer Verhaltensmaßnahmen. Das Setzen erkennbarer Zeitgeber und Lichtgabe werden hier praktiziert. Unterstützend erfolgt eine Medikamentengabe (Stimulanzien und Hypnotika).
Fazit
Unabhängig von der Ursache der Schlaf-Wach-Störung: Ich meine, dass alle Patienten spezielle Hilfestellungen oder Therapien haben sollten. Jedoch können einige der hier beschriebenen Tipps schon etwas bewirken. Ein gesunder und gleichmäßiger Schlaf ist wichtig!
Jeder hat sicher schon einmal an sich selbst festgestellt, dass Müdigkeit unausgeglichen und reizbar macht. Darüber hinaus ist es oft schwer für die Betroffenen, den Tag zu überstehen und den Alltag zu meistern. Die Anforderungen des Berufslebens sind hoch.
Da ist es wichtig, ausgeschlafen und fit zu sein, um diesen Anforderungen gerecht werden zu können. Schlaflosigkeit kann letztendlich sogar eine Gefahr darstellen. Egal, ob als Autofahrer oder als Arbeiter an einer Maschine, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche haben oft genug Unfälle zur Folge. Irgendwann wird letztendlich auch die Gesundheit stark beeinträchtigt. Lang andauernde Schlafstörungen können unter anderem Herz-Kreislauf-Probleme und Magen- und Darmbeschwerden verursachen.
Anders verhält es sich beim Überfliegen mehrerer Zeitzonen. Dann muss der Körper plötzlich wach sein, wenn es nach seiner Uhr Nacht ist. Trotzdem hat er nach einiger Zeit diese Umstellung verkraftet. Viele Menschen können sich an Veränderungen anpassen. Deshalb ist es auch möglich, am Polarkreis zu leben, wo es im Winter nur Dunkelheit und im Sommer nur Licht gibt.
Dieser Beitrag wurde im Mai 2021 erstellt und letztmalig am 31.07.2024 aktualisiert.